KLINIK

  • Eine Soloperformance von und mit Melike Yağız-Baxant
  • Uraufführung
    Eine Koproduktion mit Theater Drachengasse
  • Bar&Co
  • 10. – 22. November 2025 um 20 Uhr, Di–Sa um 20 Uhr
    Keine Vorstellung am 11. und 15. November 2025

Ich wollte immer hier sein. Jetzt ist mein einziges Ziel, zu entkommen – und zwar ohne den Stempel einer Diagnose.

Eine Frau, die versucht, nicht den Verstand zu verlieren, beginnt in einer psychiatrischen Klinik zu arbeiten – trotz ihrer Furcht vor Institutionen und trotz ihrer Misanthropie.
Dort begegnet sie Menschen, die von Angst, Schuld und Glauben geprägt sind. Menschen, denen der Zugang zu einem selbstbestimmten Leben genauso unmöglich gemacht wird wie der Zugang zum eigenen Tod. Ermöglicht ihr diese Erfahrung eine Annäherung an die Menschen außerhalb der Anstalt? Oder findet sie in den Fluren der Klinik die Heimat, die ihr draußen verwehrt bleibt?

Melike Yağız-Baxant arbeitete selbst als Kunsttherapeutin in einer psychiatrischen Klinik. Nach Glückskind verarbeitet sie in ihrer zweiten Soloperformance ihre persönlichen Erfahrungen und Begegnungen im Klinikalltag. Dabei stellt sich ihr immer wieder die Frage: Wie viel Individualität ist in einer Gesellschaft möglich, in der die Anpassung an Normen das Zusammenleben bestimmt?


Text, Performance: Melike Yağız-Baxant
Regie: Gabriela Hütter, Melike Yağız-Baxant
Dramaturgie: Anna Schober
Künstlerische Mitarbeit, Kostüm: Anillo Sürün
Grafik, Ilustration: Tuğba Karagülle
PR, Organisation: Melina Cerha-Marcher

Rechte bei Melike Yağız-Baxant

Dauer: 60 Minuten


Klinik wird gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien, das BMWKMS und Innere Stadt Kultur.
Eine Kooperation mit diverCITYLAB

Solo Mit Serotonin, Endorphin, Oxytocin


Mir geht’s arm, sagt Melike Yağız-Baxant. Sie führt in ihrem Solo Klinik in die Psychiatrie. Dort gibt es Menschen in weißen, blauen und grünen Pyjamas, Morgenrunden und Kunsttherapie, den türkischen Mann, den niemand versteht, sowie den Patienten, der glaubt, Türken seien Aliens. Die 1987 in Izmir geborene Wahlwienerin landete schon vor zwei Jahren mit ihrem autobiografisch angehauchten Stück Glückskind einen Volltreffer. Nun schöpft die Schauspielerin wieder aus dem eigenen Erfahrungsschatz: Sie arbeitete einst als Kunsttherapeutin in einer Wiener Klinik. Das Ergebnis ist ein pointenreicher Abend, dem der Ernst aber nicht abhandenkommt. Und wie geht’s Ihnen so?

FALTER  46/25


Alltag in der Psychiatrie: 
"Klinik" im Theater Drachengasse 


Wer ist krank, wer gesund? Und wer bestimmt das? Fragen wie diese verhandelt Melike Yağız-Baxant in ihrer neuen Soloperformance "Klinik", die am Montag als Koproduktion mit Theater Drachengasse, in Kooperation mit dem diverCITYLAB, im Theater Drachengasse zur Uraufführung kam. In ihrem Text verarbeitet die aus der Türkei stammende Autorin und Schauspielerin die eigenen Erfahrungen als Kunsttherapeutin in einer psychiatrischen Klinik mit erfrischend humorvollen Szenen aus ihrem Arbeitsalltag. 

Die Soloperformance von Melike Yağız-Baxant berührt
 
Dabei spielt sie eine Frau, die selbst versucht, nicht den Verstand zu verlieren. Also tritt sie eine Stelle in der Psychiatrie an, wo sie mit Menschen arbeitet, die von Angst, Trauma oder Schuld geprägt sind. Kann sie hier selbst zur Ruhe kommen? Findet sie hier jene Sicherheit, die ihr "draußen" nicht zuteil wird? Im klinikweißen Bühnenraum schlüpft Yağız-Baxant in die Rolle von Ärztinnen, Patienten und Angehörigen und zeichnet in kurzen Szenen den Alltag jener Menschen nach, denen jegliche Selbstbestimmung genommen wurde.

Behutsame Annäherung an ein Tabuthema

Die Stärke des Textes liegt in der Behutsamkeit, mit der Yağız-Baxant die Ticks, Sorgen und Nöte der psychisch Erkrankten sichtbar macht, während sie zugleich das Machtgefälle zwischen Personal und Patienten entlarvt. Mit ihrer Empathie überschreitet die Kunsttherapeutin bald Grenzen, zumindest laut Klinikleitung. Da heißt es dann: "Die sind nicht unsere Freunde, die sind unsere Patienten!" Doch innerhalb der Klinikmauern gelingt der Kunsttherapeutin das, was ihr sonst verwehrt bleibt - echter Kontakt zu Menschen, denen sie nichts beweisen oder vorspielen muss. Immer deutlicher steht die Frage im Raum, wo eigentlich die Grenze gezogen wird, ab der man diese Klinik noch eigenständig verlassen darf oder nicht. Wer gesund ist, wer nicht.

Mit "Klinik" bringt Yağız-Baxant das Tabuthema psychische Gesundheit ebenso auf die Bühne wie Schieflagen zwischen Personal und Patienten. Ein berührender Abend, an dem aber auch geschmunzelt werden darf. Das einstündige Stück ist Teil eines Themenschwerpunkts rund um Krankheit und Gesundheit, den das Theater Drachengasse diese Spielzeit setzt. Ende November folgt das Gastspiel "Hilde" des Theaters im Bahnhof, das anhand von Liedern von Hildegard Knef vom Überleben einer Krebsdiagnose erzählt, im Frühjahr begleitet die Uraufführung von Lisa Danulats "Ota" eine Operationstechnische Assistentin durch ihren Alltag.

APA 11.11.2025


Nicht besonders glücklich in der Klinik

Solo-Performerin verarbeitet nach „Glückskind“ in ihrem zweiten Stück Erfahrungen aus der Ausbildung zur Kunsttherapeutin.


Drei weiße, gepolsterte Sitzwürfel, dahinter ziemlich viel weißer Stoff auf dem Boden – klinisch sauber die Bühne. Passend. „Klinik“ heißt das neue, zweite Stück der kabarettistischen Schauspielerin, Autorin und Kunsttherapeutin Melike Yağız-Baxant. Wie in ihrem ersten Solo-Programm „Glückskind“, das übrigens im Vorjahr beim United Solo Theatre Festival in New York mit dem Preis für Best Physical Theatre ausgezeichnet wurde, verarbeitet sie persönliche Erfahrungen zu einem abwechslungsreichen, körperlich bewegtem, geistig und gefühlsmäßig bewegenden Abend, gewürzt und durchzogen von so mancher Portionen (Galgen-)Humor. Mit ihrem dem Stück zugrundeliegenden Texte hatte sie einen der Exil-Literaturpreise gewonnen.

War es im ersten Programm die Lebenserfahrung als (angehende) Theaterfrau, so kreist dieses Mal alles um ihre zweite Ausbildung als Kunsttherapeutin. Aus dem Praktikum in einem Krankenhaus schält sie Episoden, die offenbar keine Einzelfälle sein dürften, wie so manche offenkundig wissenden Lacher im Publikum stark vermuten lassen.

Sanfter Druck zu erwünschten Antworten

Dutzendfach stellt sie, sich direkt mit Augenkontakt an die eine oder andere im Publikum wendend, die Frage „Wie geht’s denn heute?“ Und vermittelt klar: Antwort nicht erwünscht. Um gleich danach in die Rolle von Patient:innen zu schlüpfen, die eher nichtssagende, erwünschte Antworten geben. Äußert die eine oder der andere tatsächlich ernsthafte Befindlichkeitszustände – ernst nehmen ist nicht gerade die erste Reaktion.

Ständiger Rollenwechsel

Melike Yağız-Baxants Türkisch-Kenntnisse aus ihrer ersten Heimat werden bei einem Patienten in Anspruch genommen, ihre Erkenntnisse, die sich aus dem Gespräch ergeben, dass dieser dement ist, allerdings nicht. Sie als Kunsttherapeutin habe keine Diagnose zu stellen. Ärztliche Fachkraft, die das dürfe, mit der entsprechenden Sprachkompetenz: Fehlanzeige. Und das ist nur eine der Szenen, in denen Yağız-Baxant latenten bis offenen Rassismus – auch in einer solchen Institution – anspielt, wobei sie auch da immer wieder zwischen Rollen von Patient:innen und ärztlichem bzw. therapeutischem Personal hin- und her-switcht.

Scheint vielen nicht unbekannt

Breiten Raum widmet die Performerin rund um Gesprächsgruppen – „mir geht’s gut, habe gut geschlafen …“; „schließe mich dem an, mir geht’s auch gut, auch gut geschlafen …“ Tendenz, erwünschte, normierten Antworten, nur ja nicht auf- oder aus dem Rahmen fallen. Herzhafte Lacher so mancher Zuschauer:innen lassen auf nicht gerade unähnliche Erfahrungen schließen.
Dabei sind die überhöht und zugespitzt situationskomisch dargestellten Situationen nicht selten eher zum Heulen, aber so vielleicht verkraftbarer. Und dennoch auch mit einer gehörigen Schicht Frust überzogen. Mental Health wurde – „dank“ des Ausnahmezustands in der Pandemie zum doch fast allgegenwärtigen Thema – mit Forderungen nach besserer Versorgung in Sachen psychische Krankheiten bzw. Gesundheit. Wenn’s dann aber institutionell damit auch nicht zum Besten bestell ist, na dann, hawidere …

Reale Hintergründe

Vieles von Gesagtem und Gespieltem dürfte nämlich nicht weit entfernt sein von tatsächlichen Dialogen, Monologen und Verhalten, die eine oder andere überdrehte fiktive Szene – wie aufgedrängte Hilfe gegen den Willen der Betreffenden mit fast slapstickartigen Missgeschicken – gruppiert sich dennoch um so manchen wahren Kern.
Und dennoch ist das viele Ver-Rückte meist deutlich harmloser als das sogenannte Normale in der Welt außerhalb der Klinik – auch das schwingt in der einstündigen Performance unausgesprochen zwischen den Zeilen und Szenen mit.

Ich sage Nein.. – oder doch (noch?) nicht

„Nicht mit mir! Ich will nicht! Ich kann nicht! Ich muss nicht! Ich sage Nein!“ Sätze, mit denen Melike Yağız-Baxant bald nach Beginn und zwischendurch mehrmals fast mantramäßig den Bühnen- und Publikumsraum erfüllt. Die Grenzen zwischen beiden überwindet sie mehrmals auch körperlich, spielerisch sowieso. Doch praktisch jedes Mal fügt sie den starken Statements verschämt „sag ich beim nächsten Mal“ in dieser und ähnlicher Version hinterher.

Malen und Musik

Neben dem Vielem, das die Schauspielerin auf und vor der Bühne bzw. zwischen den Publikumsreihen sagt, greift sie neben performativen Moves auch auf Grundelemente von Kunsttherapie zu – und blendet animiert, sozusagen Strich für Strich Zeichnungen ein, oder lässt sich in musikalischen Parts in den Rhythmus dieser fallen – und scheint da, in sich zu ruhen. „Malen hilft!“, „Musik hilft!“, sagt sie an einer Stelle und bringt damit wesentliche Elemente von Kunsttherapie auf den Punkt. Neben dem Vielem, das die Schauspielerin auf und vor der Bühne bzw. zwischen den Publikumsreihen sagt, greift sie neben performativen Moves auch auf Grundelemente von Kunsttherapie zu – und blendet animiert, sozusagen Strich für Strich Zeichnungen ein, oder lässt sich in musikalischen Parts in den Rhythmus dieser fallen – und scheint da, in sich zu ruhen. „Malen hilft!“, „Musik hilft!“, sagt sie an einer Stelle und bringt damit wesentliche Elemente von Kunsttherapie auf den Punkt. Und mehrfach führt sie an, wie Humor wirkt, nicht zuletzt durch Freisetzung von Oxytocin und Endorphinen. Außerdem wäre Hoffnungslosigkeit überhaupt eine Sünde …

Erkenntnisse, die die Künstlerin und Kunsttherapeutin auch schon praktisch umgesetzt hat in den Workshops mit Schüler:innen, die als Fortführung ihres Textes und späteren Stücks „Glückskind“ zum Mut machenden Film „Glückskinder“ geführt haben, der kürzlich erstmals gezeigt wurde – in Anwesenheit vieler der dabei selbstbewusster gewordenen Jugendlichen – KiJuKU berichtete. 

kijuku.at


Spielplan Januar 2022