MARIA EMHART
RÄDELSFÜHRERIN IM KAMPF FÜR DIE DEMOKRATIE
- Uraufführung
Eine Koproduktion mit portraittheater und Kulturforum Niederösterreich - Bar&Co
- 21. – 25. Oktober und 5. – 9. November 2024 um 20 Uhr
In der Zeit des Austrofaschismus wurde die Demokratie in Österreich demontiert. 1934 erschütterte ein Bürgerkrieg das Land. Die wechselvolle Geschichte Österreichs spiegelt sich im Leben der in Niederösterreich geborenen Politikerin Maria Emhart (1901–1981) wider. Als 14-jährige Arbeiterin in St. Pölten beginnt sie sich zu politisieren. Bei den Februarkämpfen 1934 nimmt sie in St. Pölten eine führende Funktion ein und entgeht als „Rädelsführerin“ nur knapp der Todesstrafe. Im Untergrund kämpft sie mit den Revolutionären Sozialisten weiter für die Rückkehr zur Demokratie und wird eine der Hauptangeklagten beim „Großen Sozialistenprozess“. Nach ihrer Freilassung müssen sie und ihr Mann nach Bischofshofen übersiedeln. Sofort nach Kriegsende 1945 beginnt sie in der Gemeindevertretung mitzuarbeiten. 1946 wird sie zur ersten Vizebürgermeisterin in Österreich gewählt und übt dieses Amt 20 Jahre lang aus. Daneben ist sie viele Jahre Abgeordnete im Salzburger Landtag sowie im Nationalrat.
portraittheater zeichnet anhand von autobiografischem Material und Dokumenten den lebenslangen Kampf der Politikerin Maria Emhart für Freiheit und Demokratie in Österreich nach.
Wir müssen alle vorsichtig sein, denn sonst verlieren wir das Kostbarste, was die Menschheit besitzt, nämlich die Demokratie. Maria Emhart
Text: Anita Zieher
Regie: Margit Mezgolich
Wissenschaftlicher Berater: Thomas Lösch, Stadtarchiv St. Pölten
Es spielt: Anita Zieher
Dauer: 70 Minuten
Porträttheater und Geschichtsstunde
"Als Frau an der Spitze hat man es nicht leicht, auch nicht in der Sozialistischen Partei“, stellt Maria Emhart fest. Die Sozialdemokratin und Widerstandskämpferin aus St. Pölten organisierte etwa die Februarkämpfe 1934, war im Untergrund aktiv, arbeitete am Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde als erste Frau in Österreich zur Vizebürgermeisterin gewählt. Die Gruppe Portraittheater widmet das Solo „Maria Emhart. Rädelsführerin im Kampf für die Demokratie“ (Regie: Margit Mezgolich) dem Leben der Politikerin. Anita Zieher passt gut in die Rolle der Sozialistin, die für ihre Überzeugungen nüchtern und furchtlos eintritt. Mehr zeitgeschichtliches Porträt als Theater, aber durchaus spannend.
FALTER, Woche 43/2024 vom 22.10.2024
Ein fast vergessene „Rädelsführerin im Kampf für die Demokratie“
Anita Zieher setzt mit ihrem jüngsten Stück Maria Emhart ein theatrales Denkmal – derzeit im Theater Drachengasse (Wien).
Unaufgeregt, ein bisschen auf Frau aus vor Jahrzehnten gekleidet und gestylt (Maske: Tina Kern), schlüpft die Schauspielerin in die Rolle einer solchen. Bisher meist von berühmten Persönlichkeiten: Bertha von Suttner, Rosa Luxemburg, Marie Curie, Lise Meitner, Hedy Lamarr, Käthe Leichter, Marie Jahoda… Mit diesen hätte die Protagonistin des neuesten Stücks von Anita Zieher und ihrem Portraittheater den Vergleich auch gar nicht zu scheuen gebraucht. Doch wer kennt schon Maria Emhart? Außer vielleicht in Bischofshofen, wo sie jahrelang Vizebürgermeisterin – und zwar die allererste in ganz Österreich – war. Und wo ein Platz nach ihr benannt ist. In St. Pölten trägt eine Straße ihren Namen und in Wien ein Weg in der Donaustadt (22. Bezirk).
Trotz der Benennungen weiß kaum wer was über die Frau, die Zieher in ihren 1¼ Stunden im Untertitel „Rädelsführerin im Kampf für Demokratie“ – derzeit im Wiener Theater Drachengasse (Regie: Margit Mezgolich; siehe Info-Box) – nennt. Mit Margarthe Ottilinger hatte die Theaterfrau übrigens vor einem Jahr auch eine kaum bekannte Wirtschaftspionierin in einem Bühnenstück portraitiert.
Aus der Baracke in den Widerstand und ins Parlament
Von der armen Kindheit in einer Barackensiedlung im niederösterreichischen Pyhra (Bezirk St. Pölten) als ältestes von fünf Kindern der Landarbeiterin Marie und des Eisenbahners Johann Raps aufgewachsen, arbeitete sie schon als 14-Jährige in der Glanzstoff-Fabrik, wurde Betriebsrätin, übernahm Verantwortung als sich andere sozialistische Funktionäre in den Februarkämpfen 1934 wegduckten und war eine der beiden Hauptangeklagten im großen Sozialistenprozess 1936. Damals später viel prominenter gewordene Mitangeklagte u.a. Bruno Kreisky, Franz Jonas… Aus der Rede Emharts im Prozess zitiert Zieher ebenso wie aus anderen Reden und Erinnerungen. Möglichst authentisch will die Schauspielerin immer ihre Protagonistinnen vermitteln. Beantragt war die Todesstrafe, die Zeugen widersprachen einander, was die Aktivitäten in den Tagen nach dem 12. Februar 1934 betrafen, 18 Monate Kerker lautete das Urteil. Ihr „Koarl“, der Ehemann von dem sie den Namen hat, musste sich aus Sicherheitsgründen scheiden lassen, sie lebten kurz nach ihrer Freilassung dennoch wieder zusammen – in St. Pölten. Er, ein Eisenbahner, wurde strafversetzt. Sie zog mit ihm nach Bischofshofen.
Abgeordnete
In der Nazizeit under cover schickte sie Lebensmittelpakete an Rosa Jochmann im Konzentrationslager Ravensbrück, blieb heimlich in Kontakt mit Genoss:innen der Revolutionären Sozialist:innen. Nach 1945 intensive Arbeit am Wiederaufbau der Heimatstadt, politisches Engagement in der Landes-SPÖ, Mitglied des Landtages, später des Nationalrates (1953 bis 1966).
Soweit die Fakten. Zieher wechselt zwischen Erzählungen aus dem Leben und Reden, die Emhart gehalten hat. Vermittelt trotz aller Sachlichkeit nicht zuletzt auch die Emotionen des Widerstands, des Kampfes gegen Feinde der Demokratie. Aber auch der Geringschätzung der (politischen) Arbeit von Frauen – auch in der eigenen Partei. Und setzt damit einer – (noch?) immer viel zu wenig bekannten Pionierin ein lebendiges szenisch erzähltes Denkmal.
Kijuku.at, 23.10.2024
Einpersonenstück über eine Sozialistin
Maria Emhart – Rädelsführerin im Kampf für die Demokratie
Wien – Im Drachentheater in Wien führte das Portrait Theater die Geschichte der Widerstandskämpferin Maria Emhart auf. Die Premiere war am Montag 21. Oktober 2024. Der Zuschauerraum war voll besetzt.
Am Beispiel einer Frau – Maria Emhart – wird die Zeit von 1900 bis in die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg dargestellt. Das ist ein sehr anschaulicher Weg, wenn man anhand einer Person die Geschehnisse der Zeit vorgeführt bekommt. Viele der Texte könnten auch heute Verwendung finden. Unsere heutige Zeit hat viele Ähnlichkeiten mit jener der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Deswegen war es auch wichtig, dass viele junge Besucher im Publikum saßen.
Es war ein Einpersonenstück, in dem die engagierte Schauspielerin Anita Zieher das Publikum in Bann hielt. Die verwendeten Texte stammten von Maria Emhart – der vorgeführten Frau – von der Schauspielerin und von Zeitgenossen. Also keine Dichtung, sondern eine Dokumentation. Es ging um den Sozialismus und Anita Zieher gab, bevor sie zu spielen begann, eine Einführung, in der sie empfahl sich dem Thema wertneutral zu stellen. Egal welchen politischen Background jemand hat. Man soll sich informieren und die Texte wirken lassen. Generell ist das Sprechen über den Sozialismus in der heutigen Zeit kein gutes Thema. Gleich setzt sie aber hinzu „Aber vielleicht doch.“
Maria Emhart wurde 1901 als uneheliches Kind einer Landarbeiterin in Phyra in Niederösterreich geboren. Mit 14 Jahren beginnt sie in der Glanzstofffabrik in Sankt Pölten zu arbeiten. Sie muss sich zwei Mal vorstellen, denn dem ersten Personalchef war sie zu schwach für die schwere Arbeit. Beim zweiten Mal zog sie einen weiten Rock an, in den sie Eisenteile genäht hatte, um schwer und gewichtig zu wirken. 1921 heiratet sie einen Eisenbahner, mit dem sie bis zu seinem Tod zusammenlebte. Das junge Paar bezog ein einfaches Quartier in einer Barackensiedlung.
Bereits 1918 trat sie in die Sozialistische Arbeiterpartei ein und wurde Betriebsrätin in der Glanzstoffabrik. Bei politischen Schulungen lernt sie wichtige Politiker der Sozialdemokratie kennen. Darunter auch den späteren Bundeskanzler Bruno Kreisky. Beginn der 1930er Jahre wird sie in den Sankt Pöltner Gemeinderat gewählt. Als die Sozialistische Partei verboten wurde, agierte sie im Untergrund. Zwei Mal wurde sie auch verhaftet, war längere Zeit im Gefängnis und entging knapp einer Hinrichtung. Sie hatte 1934 einen Aufstand in Sankt Pölten organisiert. Während des Gefängnisaufenthalts verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand. Eine reiche Sozialistin finanziert ihr eine Kur in der Schweiz. In Österreich steht sie inzwischen auf der Fahndungsliste. Trotzdem kehrt sie heimlich nach Österreich zurück und agiert mit falschem Namen im Untergrund. Bei der Teilnahme an einem internationalen Kongress in Brünn wurde sie verraten und wieder verhaftet. Sie bekommt eine 18-monatige Kerkerstrafe. Ihr Mann, der Eisenbahner wird aufgefordert sich scheiden zu lassen, sonst verliert er seinen Job. Pro Forma machen sie das. Als Maria Emhart entlassen wurde, zog sie wieder zu ihrem Mann. Das brachte neue Schwierigkeiten, denen sie durch Übersiedlung nach Bischofshofen entgingen. Dort führte sie die Untergrundarbeit weiter und nach dem Krieg wurde sie Vizebürgermeisterin in Bischofshofen. Sie machte praktisch die Arbeit des kränkelnden Bürgermeisters. Das Bürgermeisteramt wollte sie nicht annehmen. „Zu meiner Zeit gab es noch Männer, die Frauen in der Politik offen abgelehnt haben, auch in unserer Partei. Ich habe denen immer gesagt: Glauben sie nur ja nicht, dass sie einen Staat ohne Frauen regieren können.“
Ihre politische Karriere ging weiter: sie wurde Landtagsabgeordnete in Salzburg und später Nationalratsabgeordnete in Wien. Als ihr Mann krank wurde, legte sie das Mandat im Wiener Parlament zurück und betreute ihn bis zu seinem Tod. Maria Emhart starb 1981.
Es ist gut, wenn man Weltgeschichte nicht aus einer großen Metropole heraus berichtet, sondern, wie sich diese in kleinen Orten und Städten wie Sankt Pölten und Bischofshofen ausgewirkt hat.
MeinBezirk.at, 22.10.2024