Fliegen ist die beste Superkraft!
- Ein theatrales Essay von Dorn ° Bering
- Bar&Co
-
28. März – 9. April 2022
Di-Sa um 19.30 Uhr, keine Vorstellung am 30. und 31.3. sowie am 5. und 6.4.
Tickets gibt es hier: tickets.drachengasse.at
Zwei Superheld*innen stellen sich große Fragen und finden keine Antwort. Sie suchen. Sie befragen tote Physiker zur Weltformel und sich selbst zu nichts geringerem als dem Sinn des Lebens – kleiner ging es leider nicht.
Wie ist das denn jetzt mit diesen Superkräften? Verpflichten die uns wirklich dazu, sie ständig einzusetzen? Und dann auch noch für andere? Für das allgemeine Gut? Könnte man nicht auch mal an sich selbst denken? Oder ganz anders: Könnte man sie auch einfach mal nicht einsetzen und ganz normal sein? Normal, aber super? Sozusagen super-normal? Oder ist man dann schon super-böse? Und wäre das wirklich so schlimm?
Ein humorvoll-schräges Performance-Duett über die großen Fragen auf der Welt, zwischen Unsichtbarkeit und Offensichtlichkeit. Ein schwereloser Abend über Bodenhaftung, Verantwortung, Superkräfte und die Suche nach dem Sinn.
Text, Regie, Performance: Gesa Bering, Stephan Dorn
Dramaturgie: Benedikt Grubel
Ausstattung: Mira König
Mit ihrem Projekt Der Anti-Storch gewannen Dorn ° Bering den Jurypreis und den Publikumspreis des Nachwuchswettbewerbs 2018.
"Fliegen ist die beste Superkraft" von Dorn°Bering in der Drachengasse
Gesa Bering und Stephan Dorn beschäftigen sich mit der Schwerelosigkeit – und mit Superman
Physik und Mathematik waren nie so schön wie bei der Premiere von Fliegen ist die beste Superkraft des Duos Dorn°Bering im Theater Drachengasse. Gesa Bering und Stephan Dorn fragen sich, wie die Welt am meisten Sinn macht. Ergebnis: Sie wäre ideal ohne Schwerkraft. Ohne Schwerkraft würde angeblich die Weltformel funktionieren und könnte sich ein Tischtennisball mal in aller Ruhe die Lage von oben beschauen.
Apropos Weltformel. Physiker sind seit jeher um diese ominöse Theorie für alles bemüht – sie wäre so praktisch! Werner Heisenberg war 1958 knapp dran. Und damals, im Hörsaal von Göttingen, beginnt mit einem imaginativem Kraftakt auch der leichtfüßige Abend. Die Gleichung aus Gamma My, Delta Psi und Co hat damals nur so Krach gemacht.
Leere Matrize
Natürlich geht ein Schwerkraft-Brainstorming nicht ohne Luftikus Superman. Sein zum Flattern gebrachter roter Umhang ist einer der schönsten und erhebendsten Anblicke des konzisen Abends. Er treibt kapitelweise seine Gedanken von Physik weiter in Richtung Philosophie und Ethik und retour zu Mathematik. Ein dramaturgischer Höhenflug, der übers Hintertürl auch von Moral handelt: "Sich Mutter Teresa als Beispiel nehmen – gut / Sich Mutter Teresa als Geisel nehmen – schlecht".
Fliegen ist die beste Superkraft findet vor einem Rasterbühnenbild (von Mira König) statt und funktioniert wie eine leere Matrize. Vor dieser entstehen nach dem Motto "wenig Optik, viel geistiges Auge" beim Erzählen immer neue Szenen. Im Bühnenhintergrund gibt dann und wann Heisenberg wie in Platons Höhle Laut. Die Assoziationen sind dicht gestreut. Superkräfte machen etwa auch Probleme. Das Exemplar eines ungustiösen Übermenschen wird kurz vor Schluss noch vorstellig. Tolle 70 Minuten.
Margarete Affenzeller, derstandard.at, 30.3.2022
Theaterduo mit Superkräften
Am 24. Februar 1958 stellte der Nobelpreisträger Werner Heisenberg (1901-1976) in Göttingen seine "mathematisch schöne Formel" vor. Diese sogenannte Weltformel sollte den gesamten Mikrokosmos erklären. "Der Sinn des Lebens ist zum Greifen nah, hier in Göttingen", heißt es in "Fliegen ist die beste Superkraft!". Aber die Schwerkraft machte dem deutschen Physiker einen Strich durch die Rechnung. Er scheiterte.
"Nur ohne Schwerkraft findet man den Sinn des Lebens", stellt das Duo Dorn °Bering in seinem Stück fest und versucht, diese auszutricksen. Gesa Bering und Stefan Dorn brauchen nicht viel mehr als einen Superman-Umhang und einen Ventilator, um auf der Bühne ins Fliegen zu kommen. Sie spielen Szenen aus Superhelden-Comics nach, sinnieren übers Vom-Boden-Abheben und denken über die gute und schlechte Anwendung von Superkräften nach. Wozu verpflichten diese?
Die zwei Absolventen des Studiengangs für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen haben ihre eigene Superkraft. Schon mit dem Theateressay "Der Anti-Storch" über den seltsamen Vogel Waldrapp im Theater Drachengasse haben sie gezeigt, wie witziges und kluges Theater zu einem einzigen Thema funktioniert. Auch diesmal gelingt ihnen ein wunderbar schwereloser Abend mit Tiefgang.
FALTER, 14/22
Schwerkraft ist das Problem!
Theater Drachengasse /// 28.März 2022 /// Fliegen ist die beste Superkraft!
Superhelden stellen sich Fragen zu ihrer Profession und den physikalischen Vorgängen dahinter. „Fliegen ist die Superkraft“ ist ein leichtfüßiges, unterhaltsames und intelligentes Stück des Performance-Duos „Dorn° Bering“.
Zwei Superhelden auf der kleinen Bühne der Bar&Co des Theaters Drachengasse beschäftigen sich in kurzen Szenen mit unterschiedlichen Aspekten des Superheldengenres. Wofür können Superkräfte eingesetzt werden? Was ist der stereotype Handlungsablauf der Comics? Wie können wir das Fliegen lernen? Und wohin ziehen sich Superhelden zurück, wenn sie eine Pause von der Weltrettung brauchen?
Kreiert und umgesetzt wird der „theatrale Essay“ vom Duo „Dorn ° Bering“, das in wechselnden bunten Capes als Superhelden agiert, über Superhelden reflektiert oder uns mit Beschreibungen in eine andere Welt versetzt: Zu Beginn und am Ende des Stückes dürfen wir uns Göttingen vorstellen, wo Werner Heisenberg 1958 seine „Weltformel“ vorstellte – mitsamt Symphonieorchester und Sektempfang. Woran scheiterte diese Formel? An der Schwerkraft! Es ist die Gravitation, die uns vom Erlangen des endgültigen Sinns des Lebens abhält.
Aber können wir nicht alle fliegen, wenn wir uns ganz fest anstrengen? Das ist schwieriger als gedacht und irgendwie haben sogar die Superhelden Angst davor, denn „wir sind am Boden“! Nicht am Boden sind aber manche Superhelden, die sich tatsächlich als „Übermenschen“ sehen.Ein Wort, das für uns negativ konnotiert ist , aber für den von Stefan Dorn verkörperten Superhelden naiv einfach nur eine nüchterne Beschreibung seines Daseins ist.
Gesa Bering und Stefan Dorn sprechen allein oder im Chor, ergänzen und widersprechen sich, sind Zuschauer*in und Akteur*in. Die beiden repräsentieren keine*n konkrete*n Held*in, sondern stellen einen stereotypen Charakter da. Dennoch verweisen sie auf die bekannten Superhelden, wenn sie die unendlichen Fortsetzungen derselben Filme aufzählen. Die Comics werden mit den Geräuschen thematisiert, die diese prägen: „Krach“, „Bumm“, „eine große Explosion“. Mit großartigem Sprachspiel stellen sie den guten und den schlechten Gebrauch von Superkräften einander gegenüber: „Sich Mutter Teresa als Beispiel nehmen – gut; Sich Mutter Teresa als Geisel nehmen – schlecht“.
Die beiden springen leicht von einer Rolle in die nächste, immer authentisch, immer überzeugend, bringen uns zum Lachen und zu spannenden Erkenntnissen über ein Genre, zu dem wir alle einen Verbindung haben. Dennoch wird das Thema immer respektvoll vermittelt: „Fliegen ist die beste Superkraft“ wertet das Superheldengenre nicht ab, sondern dekonstruiert es mit Augenzwinkern. Insgesamt ein einstündiger leichtfüßiger Abend, der die Probleme der Welt vergessen lässt – Große Empfehlung!
neuewiener.at, 05.04.2022
Über Weltformel-„Unschärfen“ und Abheben
„Fliegen ist die beste Superkraft“ – ein vergnüglicher Abend über Physik, „große Männer“ und Wissenschaftsirrtümer.
Schwarze Wand und ebensolcher Boden, überzogen von weißen Linien – an der Wand waag- und senkrecht, am Boden sind die senkrechten Linien schräg nach vorne verlängert, ergeben somit den perspektivischen Blick auf dieses vergrößerte, dunkle „Millimeterpapier“, also gleich die Anmutung eines mathematisch-naturwissenschaftlichen Hinter- und Untergrundes. Auf letzterem steht eine – komplett schwarz lackierte große Wippe. Ach ja, es geht ja ums Fliegen. Legt der Stücktitel nahe, der letzteres als „die beste Superkraft“ nennt.
Von Vögeln zum Fliegen
Und dann treten sie auf, die Superheld:innen. Gesa Bering und Stephan Dorn, Schauspieler:innen und gleichzeitig hatten sie die Idee zum Stück, das derzeit, nur noch bis Samstag, 9. April 2022) im Wiener Theater Drachengasse zu erleben ist. Darüber hinaus haben sie den Text verfasst und Regie geführt. Die beiden sind in Wien und diesem Theater schon von einem früheren Stück bekannt. Mit „Der Anti-Storch“ hatten sie sowohl den Jury- als auch den Publikumspreis des Nachwuchswettbewerbs 2018 gewonnen. Als Gegenstück zum allseits beliebten Storch machten sie den Waldrapp ausfindig (Link zur damaligen Rezension unten).
„Bei uns ergeben sich oft Stücke aus den jeweils vorherigen“, so die beiden nach dem Stück zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… In einem vorigen Stück haben wir uns intensiv mit Wissenschaftsirrtümern beschäftigt und so sind wir auf Heisenberg, seine Weltformel und diese große Veranstaltung in Göttingen gestoßen.
Weltformel
Also ging‘s auch ums Fliegen. Das steht im neuen Stück aber vorerst noch gar nicht zur Debatte. Erzählt wird zunächst über ein Mega-Event. Der deutsche Physiker Werner Heisenberg, der 1932 den Nobelpreis für seine grundlegenden Erkenntnisse der Quantenmechanik bekommen hatte (Unschärferelation), lud 1958 nach Göttingen. Bombastisch stellte er dort seine „Weltformel“ vor. In der sollten alle physikalischen Gesetze zusammengefasst werden. Aber nicht nur das, damit würde sich sozusagen der Sinn allen Lebens erklären.
Elendslange Zeichen aus griechischen Buchstaben, Potenzzahlen und Klammerausdrucken) übersetzt das Bühnenduo in halbwegs verständliche Worte. Und doch steigt jede und jeder, wer nicht vom Fach kommt, ziemlich schnell aus. Klingt aber eindrucksvoll. Und das Ergebnis all der Formelkolonnen ist 0 (null). Und doch alles andere als Nichts. Aber wie ist das, wenn der Sinn des Lebens null ergibt? Damit spielt das Bühnenduo – und sorgt für so manches Lächeln bis lauthalses Lachen im Publikum.
Schwerkraft
Aber es kommt noch dicker, für die meisten Physik-Laien, und das sind wohl die meisten auf diesem Spezialgebiet dieser Naturwissenschaft, wird’s überraschend. Gut von einer funktionierenden Weltformel hat noch kaum wer was vernommen, aber bald nach der Vorstellungs-Show 1958 begannen die meisten wissenschaftlichen Kolleg:innen, wobei Frauen ab es damals noch weniger als heute in diesem Bereich, eine große, keineswegs haltbare „Unschärfe“ anzumerken: Die Schwerkraft ist in der wunderbaren Formel nicht berücksichtigt.
Und damit spielen nun Bering und Dorn, lassen im Wind eines Ventilators Umhänge flattern und werden zu Supermann und Supergirl. Ein tanzender Tischtennisball über einem Föhn führt zu weiteren Flugversuchen und -Spielen. Vor allem aber laden die beiden das Publikum zu Gedankenexperimenten ein. Springen ist ja nicht wirklich fliegen, aber: Ein Sprung aufwärts dürfte eben nicht enden, dann … Und natürlich spielt die Wippe in der folge immer wieder eine Flugversuchs-Rolle. Sowie die eingangs beschriebenen Linien (Ausstattung: Mira König), die nun mit weißen Gummibändern dreidimensional fortgesetzt werden – als eine Art Paralleluniversum. Es komme nur auf die Perspektive an, schon würde ein Körper als fliegend wahrgenommen …
kijuku, 8.4.2022