Starke Gefühle

  • Eine Eifersuchtslitanei mit offenem Ausgang
  • Theater Drachengasse
  • 19., 21., 24. Oktober, 3., 5., 6., 10., 11., 12., 14. und 17. – 21. November 2020
    um 20 Uhr

  • Aufgrund der aktuellen Entwicklungen der COVID-19-Pandemie sind ab Dienstag, 03.11., alle Termine abgesagt.































 

Warum ist Hera so eifersüchtig? Weil Zeus Abenteuer erlebt? Weil er ständig Zeit für sich braucht, um sich zu spüren? Herakles, Heras Kuckuckskind, geht durch den Wald und sucht die Hydra, das Monstrum, das er erledigen soll. Eine seiner schweren Aufgaben. Und er geht also durch den Wald immer tiefer und sucht, bis er merkt DER WALD IST DIE HYDRA. Und beginnt den Wald zu bekämpfen, bis er merkt ICH SELBST BIN DIE HYDRA. MEIN KÖRPER IST DIE HYDRA. Er verliert die Kontrolle.

Kontrollverlust ist der Eifersucht tief eingeschrieben. Weil es geht darum, dass ich nicht kontrollieren kann, dass ich morgen nicht mehr geliebt werde, dass keiner den Knopf drückt, der uns alle in die Luft jagt, dass ich nicht verletzt, unterbrochen, krank werde. Das ist, was Hera zur Furie werden lässt: Das Entsetzen über die Unverlässlichkeit von Welt. Die Kränkung darüber, dass wir dauernd gestört und in Zweifel getrieben werden und vielleicht auch darüber, dass wir verwesen, besiegbar, Kreaturen sind. Geschaffen durch die Anderen, störenden Anderen und diese vermaledeite Natur, mit ihrer Vergänglichkeit + Tod, den zu besiegen und zu bändigen Herakles und Zeus alle Hände voll zu tun haben. Und in deren Tradition wir uns sehen in 2000+ Jahren Geschichte / Fortschritt / Zivilisation / Patriarchat.

Was wenn wir uns mal in Tradition von Hera sehen, die am liebsten mit Freund*innen Pizza isst, sich nicht verwirklicht, nichts Besonderes tut außer ihrem Schmerz über den Kontrollverlust einen Ausdruck verleihen.  

Regie: Milena Michalek
Dramaturgie, Produktion: Karl Börner
Bühne: Gabriel Schnetzer
Kostüme: Noushin Redjaian
Es spielen: Florian Haslinger, Johanna Wolff
Text: Milena Michalek & Ensemble

Rechte bei YZMA Theaterkollektiv

Hörbeispiel 1
Hörbeispiel 2

yzma.org

"Starke Gefühle" im weißen Garten

Umjubelte Uraufführung der YZMA-Stückentwicklung am Theater Drachengasse.

Wann hat die Geschichte der Eifersucht eigentlich begonnen? Damals, als alles noch eine Entität war, oder als daraus die vielen wurden? Wie bei den Göttern? Da sind Gaia, dann Hera und Zeus. Mal Geschwister, mal Mann und Frau, jedenfalls lange nicht mehr in friedvoller Einigkeit.

Und da beginnt das Elend schon, denn mit der Trennung kommt das andere in die Welt - und mit den Kindern und den Nachbarn, zum Beispiel Luigi, dem Gärtner, der die beste Pizza bäckt, ist das Übel dann voll da und nicht mehr aus der Welt zu schaffen.

Hera, degradiert zur Hausfrau und Mutter, Zeus auf der Jagd durch das Leben und die Lenden. Und da ist Herakles, das Kuckuckskind, ganzer Mann und also Jäger. Und die Hydra. Weiblich und das Ziel der Jagd des grausam Verstoßenen. Doch wo es etwas zu jagen gibt, jagt man immer auch sich selbst. Und so ist auch die Eifersucht, seit es sie gibt, eine Jagd.

Ausgehend von Heiner Müllers Lesart der griechischen Mythen, versetzt das junge Wiener Theaterkollektiv YZMA in der Regie von Milena Michalek seine "Eifersuchtslitanei mit offenem Ausgang" vom antiken Wald in einen durchzivilisierten Garten. Der sieht aus wie eine deformierte, hart glänzende Ikea-Wohnlandschaft, ungemütliche Kuschelecken, unerklimmbare Anhöhen, unentrinnbare Gymnastikräume, in denen die beiden wunderbaren Darsteller Johanna Wolff und Florian Haslinger immer wieder überraschende Personenkonstellationen durchforsten und absurd-komische Textkaskaden von unglaublicher Dichte ausstoßen.

Wiener Zeitung, 21.10.2020


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Hör der Hera-Hermine zu!

Das Kollektiv Yzma um Regisseurin Milena Michalek ist mit einer neuen Arbeit zurück. Diesmal ohne Gastschauspieler beschäftigen sich Florian Haslinger und Johanna Wolff mit der mythologischen Hera, die vor allem für ihre Eifersuchtsanfälle gegen Göttergatten und Schürzenjäger Zeus bekannt ist. Wolff ist Hermine (schlau wie in "Harry Potter"!) und hat da eine etwas andere Herangehensweise, Haslinger ist Heiner und hört zu, wie sich das heute gehört.

Auch das geschwungene Bühnenbild -"ein Kunstobjekt!"- wird thematisiert. Virtuos, klug, laut, ironisch, hip - mit "Starke Gefühle" ist Yzma ein philosophisch zeitgemäßes und doch angenehm zeitloses, weil Corona-freies Vergnügen gelungen.

Falter 43/20 vom 21.10.2020


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