lupus in fabula

  • Henriette Dushe
  • Theater Drachengasse
  • 5. – 24. März und 3. – 14. April 2018
    Di-Sa um 20 Uhr



















Der Tod ist eine blöde Sau, das Sterben, das Sterben ist auch eine, das ist eine verdammte Scheißsauerei.

Die Bühne eine Wiese. Drei Töchter versammeln sich immer wieder am Bett ihres kranken Vaters. Die Älteste pflegt ihn, seit er sich nicht mehr selbst versorgen kann. Die Mittlere versucht eine Form zu finden, um das Sterben zu verarbeiten, damit zurecht zu kommen, es „erzählbar" zu machen. Die Gegenwart, die Realität, lässt sie immer wieder scheitern, aber sie gibt nicht auf ein Setting zu suchen, eine Form und Figuren. Die Jüngste versucht überhaupt ihr Leben zu ordnen, ihren Platz in der Welt zu finden und hätte da gerne mehr Unterstützung.

Miteinander, nebeneinander und gegeneinander erzählen sie von dieser Zwischenzeit, diesem Zwischenraum zwischen Leben und Tod und fragen sich, wie man wohl am Morgen aufsteht, nachdem jemand gestorben ist. Im Erzählen finden sie zusammen und erinnern sich und uns, was Familie bedeutet, im Guten wie im Schlechten, und dass der Tod unausweichlich ist, etwas, womit wir nicht klar kommen und doch darüber sprechen wollen.

Regie: Sandra Schüddekopf
Bühne, Kostüme: Andrea Fischer
Musikalische Mitarbeit: Rupert Derschmidt
Regieassistenz: Chiara Miriam Hunski
Kinderstimmen: Adriana Gerstner, Zoe Grumeth, Chiara Miriam Hunski
Es spielen: Karola Niederhuber, Christina Scherrer, Wiltrud Schreiner

Trailer


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Drei Schwestern und eine blöde Sau

Das Sterben sei eine blöde Sau, entfährt es der Mittleren, blöd nämlich vor allem für die Angehörigen. Drei Töchter versammeln sich in „lupus in fabula“ von Henriette Dushe um den kranken Vater, machen Begräbnisplanung, lassen alte Kinderfehden wiederaufleben, bleiben mit der grotesken Situation der (noch) verfrühten Trauer aber doch jede allein. Wiltrud Schreiner (Älteste), Karola Niederhuber und Christina Scherrer (Jüngste) erweisen sich als tolles Trio, besonders in den fast privat, leisen Schwesternmomenten. Den zartsinnig menschelnden Text fasst Sandra Schüddekopf inszenatorisch mit Samthandschuhen an, wodurch er stellenweise zerfasert. Doch selbst die Längen sind okay: Der Tod hält sich ja auch an keine Timing.

Falter 11/18


"Lupus in Fabula": Übers Sterben des Vaters

Sandra Schüddekopf hat Henriette Dushes preisgekröntes Stück für das Theater Drachengasse inszeniert

Der Himmel hängt voller Kleinzeug im Wiener Theater Drachengasse: eine Teekanne, Kleiderbügel, ein Vogelkäfig, ein Globus, eine Wärmflasche, ein Teddybär usw. Es ist ein Hausstand, der eine Funktion verloren hat. Alles ist hier in der Schwebe, denn der Vater liegt im Sterben. Und auf dem weißen Boden der Bühne (Andrea Fischer) versuchen die drei Töchter, mit den Tatsachen umzugehen.

Mit dem Sparticket kommt die Jüngste ans Sterbebett gefahren. Alt genug und trotzdem noch orientierungslos ist sie im Leben. Die Mittlere hat ihr Neugeborenes dabei und flüchtet sich in Fantasien. Die Älteste indes hat ihr eigenes Leben schon länger aufgegeben, um den Bettlägerigen zu pflegen.

Wie viel dieser körperlich mit dem Säugling gemein hat, etwa die "Scheiße", die man wegmachen muss, die Hilflosigkeit und die Unfähigkeit, sich zu artikulieren, will oder kann nur sie (Wiltrud Schreiner) wahrhaben. Die anderen beiden (Christina Scherrer, Karola Niederhuber) wollen das nicht hören. Sie vertragen keine Details, reagieren gar empört auf sie: Wie kann man nur so etwas sagen?!

Beim Sterben kommen die Leut' z'samm. In Henriette Dushes Lupus in Fabula stoßen sie auch aufeinander. Mit Requisiten sparsam, inszeniert Sandra Schüddekopf das Stück, das 2013 den Autorenpreis beim Heidelberger Stückemarkt gewann, konzentriert auf die Sprache.

Chorische Erzählungen geteilter Erlebnisse münden immer wieder in gemeinsame Bewegungen. Beim Stadt-Land-Fluss-Spielen mit dem geografiebegeisterten Vater, da sind die drei sich einig, hatte man nie eine Chance. Aber es kracht zwischen den Schwestern auch immer wieder. Dass eine immer in allem besser sein wollte als die andere, trägt man einander heute noch nach.

Diese Zwiste sind dekoratives Element, manchmal sind sie komisch wie die Frage: Was zur Beerdigung anziehen? Man hätte hie und da ohne Verluste kürzen können. Stark ist der einunddreiviertelstündige Abend da, wo es ans Eingemachte geht, um die Pflege, den Tod, die damit verbundene Belastung. Da gewinnt er an Kraft. Die Lustigkeit sonst steht ihm gefühlt oft eher etwas im Weg.

derStandard.at, 6.3.2018


Sehr gut

Habe mir das Stück angesehen, und es hat mich sehr berührt. So wird es wohl jedem gehen der sich das ansieht, besonders, wenn man schon einmal mit der Thematik konfrontiert war. Die angesprochene Lustigkeit hab ich zwar nicht bemerkt, aber man kann - und wird sie - gerade in solchen Extremsituation, von der die Geschichte erzählt, finden. Klare Empfehlung!
(Posting von "FW191" zur Kritik auf derStandard.at, 6.3.2018)

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