DER ABEND NACH DEM BEGRÄBNIS DER BESTEN FREUNDIN.
- Marlene Streeruwitz
- Bar&Co
- 15. – 19. Februar 2011 um 20 Uhr
Leidenschaftlich, wütend, mit Ironie und ohne größere Larmoyanz wird die Geschichte einer Freundschaft erzählt.
Todesbewältigung mit Trommeln
Das große Thema Tod treibt das Theater mit gleicher Kraft zu seinen stärksten Momenten wie, ebenso schön, zum tiefsten Scheitern. Dabei bedarf es gar nicht der lauten Töne, wie Marleene Streeruwitz in ihrem 2008 entstandenen und nun im Theater Drachengasse aufgeführten Monolog "Der Abend nach dem Tod der besten Freundin." beweist.
Erzählt von einer (Über-)Lebenden, nähert sich der Text auf ratlose, wütende, vor allem aber zärtliche Weise dem Unfassbaren; dem Krebstod der besten Freundin – und schließlich dem, was danach kommt: Ein Hohn, dieser Frank Sinatra mit "My Way" bei der Beerdigung. Wer sich das nur ausgedacht hat, fragt die Erzählerin: zynische Rache an der Freundin, der man es jetzt für ihren Lebenshunger zurückzahlen will!
Verschiedenste Töne lässt Streeruwitz’ Monolog anklingen – und Schauspielerin Sona MacDonald trifft sie alle mit wunderbar unprätentiöser, zurückhaltender Natürlichkeit. Gespannt hört man ihr zu, wenn sie von der Vergangenheit spricht, von einer einstigen Zukunft, die nun nichtig ist.
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WIENER ZEITUNG, 17.2.2011
Freundschaftliche Trauerreise
Marlene Streeruwitz' "Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin"
Wo der Tod sich rumtreibt, ist Wien nicht weit. Auf der schwach beleuchteten Bühne des Theaters Drachengasse sitzt eine namenlose Frau, die Ich-Erzählerin (Sona MacDonald), an einem Tisch und redet über Lilli, die an Lungenkrebs starb. Wir erfahren, dass heute Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin ist, die Lilli für immer bleiben wird.
Gemeinsam wollten sie alt werden und im Altersheim "die Zivildiener mit dem Stock herumschicken". Die Zurückgebliebene fährt nach dem Begräbnis mit dem Auto über die Straßen der melancholischen Stadt und erinnert sich auf einer assoziativen Trauerreise an den Menschen, dessen intimste Geheimnisse und leidenschaftlichen Lebenshunger nur sie kennt.
Ihre Trauer findet in der Sprache ihre fragenden, wütenden und abgründigen Ausdruck. Dafür sorgt die Dramatikerin Marlene Streeruwitz, deren Ein-Frau-Stück eine sprachlich dichte Geschichte einer abwechslungsreichen Freundschaft abbildet. Das Besondere an der Sprache ist ihre anarchische Interpunktion: Halb- und Wortsatzbildungen lassen das Publikum an vermeintlich unwichtigen Stellen aufhorchen.
Vom Theaterspielen kann an diesem einstündigen Abend keine Rede sein. Regisseurin Adele Kobald veranstaltet eine Lesung mit dramatischen Einlagen. In Begräbnisschwarz gehüllt bleibt Sona MacDonald für die Dauer ihres Monologs sitzen und liest aus einem Heft. Sie wirkt textfixiert, gibt die Freundin mit eindringlicher Mimik und unprätentiösen Gesten, feurig und nüchtern zugleich.
Auf ihrer Trauerfahrt begleitet sie Jakob Rabitsch auf der Percussion-Box, Videoprojektionen zeugen von der Vergänglichkeit und runden die mediale Zusammenfügung ab. Über dem letzten Weg erklingt Sinatras My Way.
DER STANDARD, 17.2.2011